Freitag, 20. März 2020

Im Zeichen des Pinguins



Pinguin, Himbeere, das sind keine neuen Sternzeichen. Die Himbeere ist das Logo des Raspberry Pi. Der Pinguin ist das Logo von Linux, dem freien Betriebssystem.



Das ist ein ausschließlich technischer Artikel über Computer und hat mit der Programmierung des Tello nur indirekt etwas zu tun.
Wer sich nur für das fliegen und fotografieren/filmen mit Quadrocoptern interessiert, findet die relevanten Artikel hier

Linux ist ein open-source, also freies und kostenloses Betriebssystem, eine Alternative zu Windows. Es steht im Ruf, auch auf älteren und leistungsschwächeren Computern zu laufen. "Don't throw away that old computer yet".



Da liegt noch so ein altes Notebook herum, ein "Asus eee PC". Klein und handlich, war gedacht für unterwegs um z.B. Powerpoint-Präsentationen zu zeigen. Aber was ihm dazu fehlt ist die power, darum liegt er herum. Wegwerfen, also entsorgen, bzw. einem Sozialprojekt spenden?

Er wäre ja praktisch wenn ich den Tello mit meinen Programmen steuere. Da will ich nicht meinen 17" Laptop mit ins Freie nehmen. Und ich brauche ja meistens kaum Rechnerleistung um meine Python-Programme abzufeiern. Der eee wäre gerade recht. Ich müsste einiges an Software installieren, und dann bleibt noch das Problem dass er unter Windows 7 fürchterlich langsam läuft.

Also, tu den Pinguin in den PC. Wenn ich geahnt hätte wie viel Zeit ich damit verbringen würde, dann wäre ich trotz allem bei Windows geblieben oder hätte ihn weggeworfen. Aber es hat natürlich auch Spaß gemacht und war lehrreich. Wann hat man schon einen Rechner auf dem man beliebig herum ferkeln kann, Partitions erstellen, formatieren, löschen, den Bootsektor überschreiben usw. Wenn es schiefgeht und der Rechner gar nicht mehr geht dann ist es egal.

Zuerst einmal blauäugig Linux Mint mit "mate", dem default-Desktop installiert. Da hätte ich gleich bei Windows bleiben können, das Resultat war unbrauchbar. Nach ein paar Mausklicks war das Ding so langsam dass man es nur mehr mit dem Einschaltknopf (lang drücken) wieder dazu bringen konnte irgendetwas zu tun, und zwar einen Neustart.

Eine Liste mit "Linux für alte Rechner" gefunden. Mit dem LinuxLive USB Creator einen bootfähigen USB-stick erstellen, PC mit dem stick booten und die jeweilige Linux-Variante erst einmal probieren ohne sie zu installieren. Da hat es welche gegeben die gleich gar nicht gelaufen sind, manche waren hoffnungslos veraltet, bei einem konnte ich keine Software nach-installieren. Die die so einmal gut ausgeschaut haben habe ich versucht auf die Festplatte zu installieren. Ohne Rücksicht auf vorhandene Daten, einfach drüber installieren. Das ist jedes mal mit mit gehörigem Zeitaufwand verbunden. Manchmal hat das Installationsprogramm mit einer Fehlermeldung abgebrochen, manchmal ist es einfach nur stehen geblieben, manchmal war die Installation erfolgreich aber der Rechner konnte nicht booten. Der Versuch, den Bootloader händisch nach zu installieren, ist gescheitert.

Eine Rückfall-Ebene wäre ein Linux ohne GUI (graphical user interface) sondern nur mit einem CLI (command line interface) installieren. Aber so schnell gebe ich nicht auf.

Zurück zu Mint. Bei Linux ist - im Gegensatz zu Windows - das Betriebssystem nicht fix mit dem Desktop verbandelt. Desktops, auch window manager genannt, gibt es viele. Das ist eine Geschmacks- und Hardware-Frage. Mint statt mit dem default-desktop "mate" mit dem Desktop XFCE downloaden. Der braucht weniger Ressourcen. Später noch den IceWM desktop dazu installieren, der braucht noch weniger, ist aber nicht so komfortabel.

Linux Mint mit dem Memorystck im abgesicherten Modus booten, installieren - Fehlermeldung: Kann die boot-partition nicht lesen. Kein Wunder, die ist mit ext2 statt fat32 formatiert. Ein Fehler des Installationsprogramms oder ein Überbleibsel von früheren Versuchen. "gparted", den "GNU Partition Editor" aufrufen (der ist praktischerweise gleich am Memory Stick drauf) und die boot-Partiton der Harddisk umformatieren. Wann traut man sich das schon? Noch einmal installieren.

Und siehe da: Es läuft!

Aber nicht schnell. Probehalber eine große Powerpoint-Präsentation in LibreOffice Impress geöffnet - es geht, besser als mit Powerpoint unter Windows, aber nicht viel besser. Lieber nicht mehr als 2-3 Fenster öffnen, sonst wird's fad.

Den Video-Stream von Tello empfangen und in einem Fenster darstellen? Bricht nach ein paar Sekunden ab. Also kein Video-Stream auf diesem PC, das geht am Handy besser.

Die meisten meiner Programme brauchen kein GUI sondern laufen im CLI. Normalerweise öffnet man dazu einen Terminal-Emulator.

Ja, früher ist der Rechner im Rechenzentrum gestanden und der Benutzer ist vor einem Terminal gesessen das über serielle Schnittstelle mit dem Rechner verbunden war. Auf heutigen Betriebssystemen kann man ein solches Terminal emulieren. Ursprünglich war dieses Terminal aber ein Fernschreiber, die serielle Schnittstelle heißt heute noch "tty" für "teletype". Und dieser Fernschreiber konnte auch über eine Telefonleitung mit dem Rechenzentrum verbunden sein, das war die Globalisierung von damals. Ich habe in der HTL auf einem Computer programmieren gelernt der in Cleveland Ohio gestanden ist und dessen Rechenzeit in der dortigen Nacht in alle Welt verkauft wurde. Ja, man hat für die Rechenzeit bezahlt. Und für die Telefonleitung sowieso.

Terminals mit Bildschirm waren dann die große Sensation. Die ersten PC's, also persönliche Computer die nicht im Rechenzentrum sondern auf dem Schreibtisch des Benutzers Platz fanden, hatten ebenfalls einen solchen schwarzen Röhren-Bildschirm auf dem weiße (oder grüne, oder bernsteinfarbene) Zeichen zu sehen waren. Zeichen. Linien, Kreise, das war nicht so einfach zu bewerkstelligen. Und an Fotos oder gar Filme hat sowieso niemand gedacht. Farb-Bildschirme waren noch Luxus. Das Betriebssystem hieß MS-DOS, Microsoft Disk-Operating-System. Der Massenspeicher war eben eine Disk, eine Floppy Disk mit der Speichergröße 360KB. Kilo(!)-Byte. Das war viel, dazu brauchte man schon double-side, double-density fünf-ein-viertel-Zoll Floppies. Die wurden in absperrbaren Boxen verwahrt. Cyber Security von damals.

Ach ja, zurück zu unserem Thema, ich bin beim Terminal-Emulator stehen geblieben bzw. abgeschweift. Die meisten meiner Programme laufen in einem Terminal-Emulator, also einem schwarzen Fenster mit weißer Schrift in dem man Befehle eintippen kann. Für junge Leute schaut das ungeheuer nerdig aus.Wie im Film "Matrix".

Linux hat ja noch ein feature das selten genutzt wird, aber brustschwachen Rechnern entgegen kommt. Mit der Tastenkombination Ctrl-Alt-F1 kommt man in ein CLI. Wie damals. Und mit Ctrl-Alt-F2, Ctrl-Alt-F3 usw. bis 6 in weitere CLI's, mit Ctrl-Alt-F7 wieder ins GUI. 



In der MS-DOS-Zeit gab es ein geniales Programm, geschrieben von Peter Norton, den Norton Commander. Er nutzte die (erweiterten) ASCII-Zeichen um Fenster darzustellen. Und das lange vor Windows. Zwei Fenster, mit einem Tastendruck lässt sich ein file oder directory von einem ins andere Fenster kopieren, verschieben, vergleichen, directories vergleichen, synchronisieren, etc. Unter Linux gibt es den "midnight commander", eine Portierung des alten Norton Commander.
That old feeling....

Alles was kein GUI braucht im CLI machen. Dann ist sogar dieser Rechner wieder flott genug.
Wer sagt dass Pinguine nicht fliegen können?

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